L-CARNITIN - DER FATBURNER
L-Carnitin – echter Fatburner oder nur ein leeres Werbeversprechen?
Gewichtsabnahme bzw. Körperfettreduktion sind sportübergreifend ein omnipräsentes Thema. Jeder, der in der Vergangenheit schon einmal eisern Diät gehalten hat, weiß wie kräftezehrend und nervenraubend so eine Diät sein kann. Im Optimalfall kommt man daher so schnell wie möglich auf sein Wunschergebnis. Wie praktisch wäre es daher, wenn man diesen Prozess mit der Einnahme von sogenannten Fatburnern beschleunigen könnte. In diesem Zusammenhang fällt häufig der Name von L-Carnitin. Aber kann die ausgelobte Wirkung des L-Carnitins aufgrund der Stoffwechseleffekte wirklich bestätigt werden?
Was ist L-Carnitin?
L-Carnitin ist eine Aminosäurenverbindung. Der menschliche Organismus hat 2 Möglichkeiten den Bedarf an L-Carnitin, veraltet Vitamin BT, zu decken. Zum einen kann er L-Carnitin endogen aus den essentiellen Aminosäuren Lysin und Methionin bilden [7]. Weitere Voraussetzung für die Eigensynthese ist jedoch auch die Anwesenheit von zahlreichen Cofaktoren wie Vitamin C, Niacin, Vitamin B6 und dem Spurenelement Eisen [12]. Damit deckt der Körper ungefähr 25 % des täglichen Bedarfs, wohingegen Vegatarier bis zu 90 % über die endogene Synthese bereitstellen können [14]. Daher wird L-Carnitin auch nicht als essenziell angesehen.
Neben der Eigensynthese ist die Zufuhr von L-Carnitin mit der Nahrung wichtig zur Aufrechterhaltung eines optimalen Versorgungsstatus. Dabei bilden tierische Produkte die wichtigsten Quellen (vgl. Tab. 1).
L-Carnitin ist in folgenden Lebensmitteln enthalten:
Tab. 1: L-Carnitingehalt in bestimmten Lebensmitteln( modifiziert nach [10])
Lebensmittel |
Vorkommen |
Menge (mg/100g) |
Fleisch |
Schaf |
210 |
Lamm |
80 |
|
Rind |
60 |
|
Sonstige Lebensmittel |
Hefe |
2,4 |
Milch |
2,0 |
|
Eier |
0,8 |
|
Getreideprodukte |
Weizenkeime |
1,0 |
Brot |
0,2 |
|
Gemüse |
Avocado |
1,3 |
Blumenkohl |
0,1 |
Insgesamt sind etwa 15-20 g L-Carnitin im menschlichen Organismus gespeichert. Der mit Abstand größte Anteil ist in der Muskulatur, insbesondere im Herzmuskel zu finden (ca 98 %) [10].
Was bewirkt L-Carnitin?
Die Wirkung des L-Carnitins lassen sich im menschlichen Organismus grob in drei Kategorien unterteilen:
- Effekte auf die Verwertung der Kohlenhydrate, Fette und Proteine
- Schutz an Zellmembran und intrazellulären Membranen
- Neurologische Effekte im zentralen und peripheren Nervensystem
Metabolisch ist fast ausschließlich die L-Konfiguration des Carnitins aktiv. Neben der freien Form liegt sie im Organismus auch als kurz- und langkettiges Acylcarnitin vor. Der heutige Blog soll sich jedoch im Schwerpunkt auf die physiologischen Funktionen des Fettstoffwechsels im Zusammenhang mit der aminosäureähnlichen Verbindung beschränken. L-Carnitin ist daher [4]:
- Biocarrier für den Transport langkettiger Fettsäuren in die Mitochondrien
- Bestandteil einiger in den Mitochondrien lokalisierter Enzyme
Eine der Hauptaufgaben von L-Carnitin ist daher der Transport von aktivierten langkettigen Fettsäuren in die Mitochondrien, die sogenannten Kraftwerke der Zellen, wo die Fettsäuren zur Energiegewinnung abgebaut werden (ß-Oxidation). Das Carnitin seinerseits wird wieder zurücktransportiert und kann für weitere Transportvorgänge genutzt werden. Das heißt, dass das Carnitin selbst dabei nicht verbraucht wird [11].
Das Schlüsselenzym bei der Fettverbrennung stellt Carnitinpalmitoyltransferase 1 (CPT 1) dar. CPT 1 verbindet das L- Carnitin mit einer Fettsäure vor deren Transport ins Mitochondrium. Die Aktivität dieses Enzyms stellt nach heutigem Kenntnisstand den limitierenden Schritt für die Fettoxidation dar [6].
Abb. 1: Schema des durch L-Carnitin vermittelten Transports langkettiger Fettsäuren aus dem Zytoplasma in die Mitochondrienmatrix (modifiziert nach [9])
Abgeleitete Wirkung auf die L-Carnitin Fettverbrennung
Ausgelobte Wirkung: Die Einnahme von zusätzlichen Carnitinsupplementen soll demnach zu einer erhöhten Fettsäureverbrennung führen. Daher wird L-Carnitin häufig als so genannter Fatburner angeboten. Die beschriebene Wirkungsweise konnte jedoch in den meisten Studien nicht bestätigt werden.
H5 Wissenschaftliche Argumente, die gegen eine Einnahme von L-Carnitin als Fatburner sprechen:
- Bei der Energiegewinnung aus Fett ist die Kapazität des aeroben Enzymsystems und die entsprechende Verfügbarkeit von Sauerstoff entscheidend. Diese Parameter lassen sich allerdings durch gezieltes Ausdauertraining optimieren (aber nicht durch den Einsatz von Carnitin) [8, 13].
- Die Geschwindigkeit des carnitinabhängigen Fettsäuretransporters läuft bereits maximal schnell ab und lässt sich daher auch nicht steigern [2].
- L-Carnitin verbraucht sich nicht beim Fettsäuretransport, sondern erneuert sich und steht damit dem Transportzyklus wieder zur Verfügung. -> bei einer Mischkost ist daher eine zusätzliche Supplementierung nicht notwendig [5, 7]!
- Eine erhöhte Zufuhr steigert den Carnitinspiegel im Blut, davon bleibt jedoch der Gehalt der Gesamt-Carnitin-konzentration im Skelettmuskel komplett unberührt [2].
Bei der Erreichung der Erhaltungskalorien sowie einem Kalorienüberschuss und/oder körperlicher Inaktivität bleibt eine Verstärkung der Fettverbrennung mithilfe einer L-Carnitin-Supplementierung aus [3, 5].
Eine Steigerung der Aktivität des limitierenden Enzyms CPT 1 lässt sich jedoch nur beispielsweise über Ausdauersport, kohlenhydratarme Ernährung oder durch eine kalorienreduzierte Diät begünstigen [8]. In diesem Fall besteht die Möglichkeit mit ausreichend L-Carnitin überschüssiges Fett zu verlieren. Es ist demnach ein Trugschluss, dass bei körperlich inaktiven Personen der Fettabbau allein durch die erhöhte Zufuhr von L-Carnitin stimuliert wird. Da die Fettsäuren erst dem Muskel vonseiten des Fettgewebes angeboten werden müssen [9].
Somit wird die alleinige Einnahme von L-Carnitin zum Abnehmen keinen gesteigerten Effekt auf die Fettverbrennung haben, solange keine zusätzlich notwendigen Verhaltensänderungen erfolgen [1].
Mögliche L-Carnitin Nebenwirkungen
Supplementierungen von L-Carnitin in der Höhe von 1-2 g pro Tag gelten als absolut gesichert [7]. Von höheren Dosierungen, über 5g/d, ist jedoch Abstand zu nehmen, da es aufgrund der limitierten Resorptionskapazität im Darm zu Magen-Darm-Problemen als Nebenwirkung kommen kann [10].
Fazit
Der erwünschte Effekt bezüglich der Gewichtsreduktion durch die Einnahme von L-Carnitin bleibt nach aktuellen Studien leider aus. Da hilft – welch ein Wunder – demnach nur die negative Energiebilanz durch die gezielte Kombination aus Sport und Ernährung zu begünstigen. Allerdings gibt es mittlerweile viele weitere Überlegungen, ob eine Supplementierung mit L-Carnitin demnach zu einer Leistungssteigerung sowie zu einer verbesserten Regeneration beiträgt.
Literaturverzeichnis:
1: Benvenga, S. (2005). Effects of L-carnitine on thyroid hormone metabolism and on physical exercise tolerance. Hormone and Metabolic Research = Hormon- Und Stoffwechselforschung = Hormones Et Métabolisme, 37 (9), 566–571.2 Burke, L. & Deakin, V. (2006). Clinical Sports Nutrition (3 edition.). Sydney; New York: McGraw-Hill Medical.
3: Decombaz, J., Deriaz, O., Acheson, K., Gmuender, B. & Jequier, E. (1993). Effect of L-carnitine on submaximal exercise metabolism after depletion of muscle glycogen. Medicine and Science in Sports and Exercise, 25 (6), 733–740.
4: Hahn, A., Wolters, M. & Hülsmann, O. (2006). Nahrungsergänzungsmittel: und ergänzende bilanzierte Diäten (2. Auflage). Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.
5: Heinonen, O.J. (1996). Carnitine and physical exercise. Sports Medicine (Auckland, N.Z.), 22 (2), 109–132.
6: Heinrich, P.C., Müller, M. & Graeve, L. (2014). Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie (9. Auflage). Springer.
7: Kanter, M. & Williams, M. (1995). Antioxidants Carnitine and choline as putactive ergogenic aids. International Journal of Sports Nutrition, 5, 120–131.
8: Lee, J.S., Bruce, C.R., Spriet, L.L. & Hawley, J.A. (2001). Interaction of diet and training on endurance performance in rats. Experimental Physiology, 86 (4), 499–508.
9 Luppa, D. (2004). Beteiligung von L-Carnitin an der Regulation des Fett- und Kohlenhydratsstoffwechsels. Klin Sportmed 5, 25-34.
10: Neumann, G. (2014). Ernährung im Sport. Meyer & Meyer Verlag.
11: Raschka, C. & Ruf, S. (2015). Sport und Ernährung: Wissenschaftlich basierte Empfehlungen, Tipps und Ernährungspläne für die Praxis (2. Auflage). Stuttgart u.a.: Thieme.
12: Rebouche, C.J. (1991). Ascorbic acid and carnitine biosynthesis. The American Journal of Clinical Nutrition, 54 (6 Suppl), 1147S–1152S.
13:Schek, A. (2013). Ernährung im Top-Sport: Aktuelle Richtlinien für Bestleistungen (1. Auflage). Sulzbach (Taunus: Umschau Zeitschriftenverlag.
14: Vaz, F.M. & Wanders, R.J.A. (2002). Carnitine biosynthesis in mammals. The Biochemical Journal, 361 (Pt 3), 417–429.
15: Villani, R.G., Gannon, J., Self, M. & Rich, P.A. (2000). L-Carnitine supplementation combined with aerobic training does not promote weight loss in moderately obese women. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 10 (2), 199–207.